Die drei Praktikanten

Drei Schüler der Astronomiegruppe hatten zu Beginn des Schuljahres 2019/20 die ganz besondere Möglichkeit, an der Universitätssternwarte in München ein Praktikum zu absolvieren. Der gebürtige Eppaner und Freund der Astrogruppe Dr. Arno Riffeser nahm Vera, Pauline und Dominik unter seine Fittiche und gewährte ihnen fünf Tage lang Einblick in die Welt eines Astrophysikers. 

Vera berichtet im nachstehenden Bericht über die Erlebnisse!

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Im September war es wieder soweit und viele mussten die Schulbank drücken. Zuvor hieß es aber noch für einige unserer Astrogruppe ab in den Außendienst! Pauline (Matura 2019), Dominik (5dR) und Vera (5aR) machten sich auf nach München zur Sternwarte der Ludwig Maximilian Universität. Dr. Arno Riffeser, welcher dort seinen Arbeitsplatz hat, lud nämlich zum fünftägigen Praktikum inklusive einer Nächtigung am Wendelstein Observatorium ein — und das wollten wir uns nun wirklich nicht entgehen lassen!

Montag, 2. September 2019. Nach einem noch etwas verschlafenen „Guten Morgen“ welches wir drei uns noch an den Pforten der Sternwarte zumurmelten, befanden wir uns auch schon im Handumdrehen in einem der Hörsäle und folgten konzentriert Arnos Worten. Nach einer knappen Vorstellungsrunde ging es nämlich auch sogleich um das heutige Thema: die Balmerserie des Wasserstoffatoms. Und diese wurde mit Nichts geringerem als der Schrödingergleichung eingeführt — kein Wunder also, hätte man Rauch von unseren Köpfen aufsteigen sehen können. Auf Schrödinger folgte dann noch Heisenberg und, mithilfe des Literaturwertes der Rydbergkonstante, und natürlich auch den Erklärungen von Arnos Seite, waren wir bald im Stande, die Wellenlängen für die Balmerlinien Hα bis Hδ zu berechnen.


Bild 1: Dominik und Pauline beim Grübeln.

Doch wäre es nicht viel schöner, auf gar keine Literaturwerte angewiesen zu sein und diese ominöse Rydbergkonstante selbst zu bestimmen? Genau, das dachten wir uns auch! Nur kurze Zeit später konnte man uns deshalb am optischen Tisch vorfinden, voller Tatendrang, um die ersten Messungen der Woche durchzuführen.

Der Plan war Folgender: Das Licht einer Wasserstoff-Dampflampe sollte über einen Spalt und eine Linse, den sog. Kollimator, auf ein Gitter gerichtet werden, welches dieses Licht dann in seine Bestandteile aufspaltet. Dieses aufgespaltene Licht hieß es dann durch eine weitere Linse, dem Objektiv, auf einen Kamerachip zu lenken, dessen Bilder zeitgleich ausgewertet und am Computer angezeigt wurden. Gesagt, getan. Kurze Zeit später saßen wir dann wiederum mit rauchenden Köpfen (und rauchenden Taschenrechnern!) hinter den Schulbänken des Hörsaals.

Bild 2: Auszug aus meinem "verrauchtem" Skriptum.

Der Dienstag verlief so ähnlich, dieses Mal sollte es aber eine Deuterium-Dampflampe und ein feineres Gitter sein. Im Laufe des Tages fiel Arno dann aber noch ein, dass vor einiger Zeit ein Teleskop am Wendelstein abgelöst wurde, welches sich seither an der Sternwarte in München befand und noch weder balanciert noch ausgerichtet worden war. Die Frage ob wir da mit anpacken wollten konnte er sich sparen, da wir bereits alles stehen und liegen ließen und in Richtung Tür losmarschierten.

Weil es noch taghell war, wurde vorerst mit der Unterstützung von einem Masterstudenten, welche seine Bachelorarbeit über genau dieses Teleskop geschrieben hatte, das Teleskop ausbalanciert. Dafür mussten wir den Tubus des Teleskops zahlreiche Male verrücken und an der Gegengewichtsstange weitere Gewichte hinzufügen. Unsere Hilfsmittel waren, wie von Studenten zu erwarten, nur die Besten der Besten: ein Kugelschreiber, den wir gerade eben gefunden hatten, zum Markieren und Gaffa Tape zum Ankleben von weiteren Gewichte (sic!).

Am Abend wagten wir uns dann an die Aufgabe, das Teleskop auszurichten: Verwendet wurde dafür ein Pointing Modell mit 11 Sternen, welche wir in teilweise ziemlich unbequemen Positionen, auf dem Boden liegend, in die Mitte des Gesichtsfeldes brachten. Nachher wurde beobachtet und, trotz der Lichtverschmutzung Münchens und dem In-die-Quere-Kommens einiger Baumkronen, bekamen wir an dem Abend doch noch mehrere planetarische Nebel, Kugelsternhaufen und die Andromedagalaxie zu Gesicht.

Bild 3: Das Arbeitsgerät! Da schlägt das Herz eines jeden Astronomen höher...

Am Mittwoch war es dann endlich so weit: Arno hatte uns versprochen, zum Wendelstein zu fahren. Mit vollgepacktem Rucksack und dem Schlafsack unterm Arm stiegen wir also ins Auto und, nach einer kleinen Stärkung, dann auch in die Seilbahn, die uns zum 1800 Meter hohen Gipfel brachte. Oben angekommen, führten wir sogleich eine Sonnenbeobachtung mit einem Coudé-Teleskop aus den 60ern durch. Wir versuchten auch unser Glück in der Fotografie von Protuberanzen — scheiterten aber leider am Scharfstellen.

Da wir uns in den vorigen Tagen bereits mit Gittern beschäftigt hatten, war es wenig überraschend, dass wir nach der Sonnenbeobachtung das Anfertigen von Spektren angingen. Neben den bereits ausgewählten Dampflampen und dem Stern Vega zielten wir auch auf 61 Cygni A und B, alte Bekannte der Astrogruppe. Nachdem all diese Daten gesammelt worden waren, konnten wir nun Fotos verschiedener Objekte durch unterschiedliche Filter schießen, die wir dann übereinander legten, um sogenannte „pretty pictures“ zu erhalten. Ein fehlender Blaufilter erschwerte zwar das Ganze, einige Aufnahmen können sich aber trotzdem sehen lassen!

Als um 5 Uhr morgens Wolken aufzogen und schließlich auch die Letzten die Stufen zum Schlafquartier hinunterschlichen, endete unsere Beobachtungsnacht am Wendelstein und wir mussten wenige Stunden später und schweren Herzens nach München zurückkehren.


Bild 4: Die drei Praktikanten vor dem 2m-Teleskop des Wendelstein-Observatoriums!
Von links: Vera, Dominik und Pauline.

Bild 5: Der Hantelnebel (M27) im Sternbild Füchschen.
Wegen des fehlenden Blaufilters ist das Bild etwas gelblastig... Trotzdem schön! 

Zurück an der Sternwarte werteten wir die gesammelten Daten aus und durften Arno danach auch noch zu zwei Versuchsaufbauten begleiten, welche die Physikstudenten der Universität wohl bald zu Gesicht bekommen würden. Am Freitag setzten wir das Auswerten und die Bildbearbeitung fort bis unser Praktikum an der Ludwig Maximilian Universität schlussendlich zum Abschluss kam.

Schweren Herzens verabschiedeten wir uns nach dieser viel zu kurzen Woche und setzten uns betrübt in den Bus, der uns nach Hause und somit auch zurück hinter die Schulbänke des Cusanusgymnasiums Bruneck brachte. Nur Pauline hat das Glück, in wenigen Wochen in den Hörsälen der LMU zu sitzen.

Wir alle möchten uns nochmals herzlich bei Arno Riffeser bedanken, der uns dieses Praktikum erst ermöglicht hat und der diese Woche zu einer Erinnerung gemacht hat, die wir nicht so schnell vergessen werden! Danke!!

Vera Oberhauser (5aR)


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